Speichermasse ist das nötig ?

Geht es um Wärmedämmung usw. ist auch oft von Speichermasse die Rede. Was ist Speichermasse, wozu ist sie nötig und ist sie heute überhaupt noch nötig ? Dieser Beitrag soll ein wenig Licht in die Sache bringen.

Speichermasse ist Material, das in der Lage ist Wärme aufzunehmen und wieder abzugeben. Sinn des Ganzen ist es Wärmeschwankungen im Raum etwas auszugleichen.

Ein Beispiel. Im Raum hat es angenehme 22° im Sommer. Plötzlich kommt die Sonne durch und scheint durch ein Fenster in den Raum. Die eingebrachte Energie ist relativ hoch, weshalb jetzt die Raumtemperatur innerhalb sehr kurzer Zeit rasant ansteigen würde, wären da nicht verschiedene Speichermassen, die erst erwärmt werden müssen. Luft speichert so gut wie keine Wärme und wäre somit schnell erwärmt. Bis aber Wände, Estrich, Decken usw. alle durchgewärmt sind, vergeht einige Zeit, häufig auch einige Tage. So verhindert die Speichermasse die rasche Überhitzung des Raumes. Man kennt das Phänomen aus alten Bauernhäusern, Kirchen etc. in denen es auch im Hochsommer relativ kühl ist.

Und noch ein Beispiel: Im Winter hat es angenehme Raumtemperatur. Man lüftet, wie man das auch soll, nun mit einer Stoßlüftung. Die im Raum befindliche Luft wird durch eiskalte Luft von draussen ersetzt. Trotzdem kühlt es im Raum nur sehr kurz leicht ab und innerhalb weniger Minuten hat man wieder die alte Temperatur. Grund ist wiederum, dass in den Wärmespeichermassen des Raumes viel mehr Energie gespeichert ist, als in der gewechselten Luft. Das Auswechseln der Luft entzieht dem Raum kaum Energie, im Vergleich zur gespeicherten Wärme in den Wänden.

Wie man sich vorstellen kann hat somit eine hohe Speichermasse eines Hauses massive Einwirkung auf die Behaglichkeit im Raum. Ein Raum mit viel Speichermasse überhitzt deutlich langsamer und kühlt deutlich langsamer aus. In zahlreichen Rechenmodellen wurde auch gezeigt, dass ein Raum mit hoher Wärmespeicherkapazität weniger Heizenergie benötigt, weil er solare Gewinne etc. besser verwerten kann, zu Übergangszeiten schlechtere Tage besser durchtaucht werden usw.

Die Fertighausindustrie behauptet, dass bei hochwärmegedämmten Häusern Speichermasse nicht mehr nötig sei. In beiden Beispielen oben hat es aber relativ wenig Einfluss, ob das Haus nun hochwärmegedämmt ist oder nicht. Es ist richtig, dass ein Passivhaus weniger zum Überhitzen durch Wärmedurchgang durch die Wände neigt als ein schlecht isoliertes Haus, es ist aber leider trotzdem so, dass auch im Passivhaus die Temperatur binnen Minuten ansteigt, wenn es zu direkter Sonneneinstrahlung kommt. Speichermasse kann durch nichts ersetzt werden. In hochwärmegedämmten Häusern senkt man üblicherweise die Temperatur in der Nacht nicht mehr ab. Mit Wärmepumpe kann häufig nachts billiger geheizt werden. Solare Heizungsunterstützung ist modern wie nie. Alles Gründe für möglichst grosse Wärmespeicher. Speichermasse ist also massiv an einem behaglichen Wohnklima beteiligt. Je mehr Speichermasse desto besser. Dies gilt heute noch mehr als früher.

Um die Größe der Speichermasse berechnen zu können gibt es für jeden Stoff die spezifische Wärmekapazität. Diese gibt an wieviel Energie ein kg eines Stoffes speichert, wenn man ihn um ein Grad erwärmt.

Joule pro kg pro Grad

Eisen : 350

Ziegel : 940

Beton : 1000

Luft  : 1000

Holz : 1700

Wasser : 4190

Der Wert von Luft mag sehr hoch wirken, es muss allerdings bedacht werden, dass dies der Wert für ein kg Luft ist, was einem Volumen von ca 1m3 entspricht. Rechnet man also die Werte nicht pro kg, sondern pro dm3 (Liter) so sieht die Reihung etwas anders aus. Diese Werte sind eigentlich aussagekräftiger.

Joule pro Liter pro Grad

Eisen : 2800

Ziegel : 1410

Beton : 2300

Luft : 1

Holz : 850

Wasser : 4190

In dieser Tabelle erkennt man auch, dass Holz kein sehr guter Wärmespeicher ist. Selbst Massivholz speichert nur ca. die Hälfte von Ziegel. Bei Holzriegelbauweise die OSB Beplankung als Wärmespeicher „zu verkaufen“ ist also Blödsinn. In einem Holzriegelhaus gibt es nur einen echten Wärmespeicher und das ist der Estrich.

Interessant natürlich auch der Vergleich Massiv- zu Holzhaus. Ich hab den Grundriss eines beispielhaften EFH verwendet. Dabei berechne ich nur die wichtigsten Speichermassen im EG. Beim Massivhaus komme ich auf 39m3 Ziegel, 8,5m3 Estrich & 24m3 Betondecke. Das ergibt einen Wärmespeicher von 130Mio Joule / Grad was 36 kWh entspricht. Beim Holzriegelhaus kommt eigentlich nur der Estrich als Speichermasse zum tragen. Dies ergibt einen Speicher von 5,4 kWh, was einem Sechstel des Massivhaus entspricht. Will jetzt jemand die Gipskartonbeplankung oder das Holz als Wärmespeicher verkaufen, so sein bemerkt, dass der Putz beim Massivbau ein Vielfaches dessen speichern kann.

Scheint z.B. auf einer Fläche von 5m2 die Sonne ins Haus so kann von einem Energieeintrag von ca. 2500 Watt gerechnet werden. Dies heizt das Massivhaus um ca. 0,07 ° in einer Stunde auf, während das Holzhaus um fast ein halbes Grad erwärmt wird.

Auch wenn diese Rechnungen zum Teil grobe Annäherungen sind, es ist und bleibt also eine Tatsache, dass Fertighäuser ein Problem mit zu geringem Wärmespeicher haben. Nun gibt es Versuche das Problem am Schopf zu packen und es werden verschiedene Salzlösungen und Paraffinmischungen verwendet um Wärmespeicher in ein Gebäude einzubauen. Derzeit sind solche Versuche allerdings eher noch exotisch und man versucht weiterhin mit „Überzeugungsarbeit“ die Wichtigkeit von Speichermasse abzuwerten.


  1. Peter

    Dankeschön für diesen Beitrag! Ich hab mich selbst intensiv und vorurteilsfrei mit dem Thema beschäftigt und kann Dir nur recht geben. Leider findet man im Internet viel zum Thema Wärmedämmung, aber wenig zum Thema sommerlicher Wärmeschutz.

    Erwähnen sollte man vielleicht noch, dass gerade moderne (Wärmedämm) Ziegel zu einem Großteil aus Luft / und, oder Dämmmaterial bestehen und mitunter nur noch erstaunlich dünne Stegverbindungen aufweisen. Vergleicht man hier die Werte bei üblichen Steinarten und Wandstärken, hat ein identisches Haus aus Kalksandstein oder Beton nochmals eine wesentlich bessere Speicherkapazität, als ein Haus aus relativ leichten Ziegel (dessen Wärmedämmeigenschaften dann allerdings selbstredend besser sind, als bei den „Vollmaterialien“).

    Last but not least sollte natürlich auch nicht vergessen werden, dass zwar die Masse eines Hauses Auswirkungen auf den sommerlichen Wärmeschutz hat – je nach Studie oder Publikation fallen diese allerdings unterschiedlich stark ins Gewicht und weitere Aspekte wie Verschattungsmaßnahmen, Fenster Art / Fläche oder Dachart gewinnen stärker oder schwächer an Bedeutung.

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  2. Hubert Steber

    Hallo,

    ich plane den Bau eines (Passiv)-Hauses mit Infrarot-direkt Heizung. Mein Plan ist die PV an der Südseite vertikal anzubringen und den selbsterzeugten Strom tagsüber selbst zu verbrauchen. Damit verhindere ich Mindernutzung im Winter wg. Schnee oder falschen Einstrahlwinkel. Die IR-Heiz. erwärmt tags die Speichermasse (Wand KS, Boden Estrich, Decke Beton). Nachts wenn die PV-Anlage keinen Strom liefert wird nur über das Stromnetz nachgeheizt wenn z.B. Raumtemperatur unter 19 Grad fällt. Wenn ich jetzt einen wirtschaftlichen Mittelweg zwischen Heizlast und gepeicherter Wärme finde, kann ich mit einer relativ kleinen PV Anlage das Haus beheizen. Kannst du mir da helfen wie ich bei der Auslegung da ran gehe.

    Viele Grüße
    Hubert

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  3. Normann Brümmer

    Hallo Hubert,

    deine Überlegung die Sonne zum Heizen zu nehmen ist super, allerdings erkaufst du dir mit der PV Anlage die Sonnenenergie zum Heizen viel zu teuer und auch deutlich weniger effizient ein.
    Wie du hier im Artikel gelernt hast ist der beste Wärmespeicher immer noch Wasser. Es gibt preisgünstig riesige Warmwasserspeicher mit mehreren 1000 Liter Kapazität. Die Solare Energie aus PV wird nur zu 10-20% genutzt während moderne Vakuumröhrenkollektoren bei >80% liegen.

    Um die gleiche Heizenergie der Sonne zu entziehen brauchst du also deutlich mehr als 4 mal so viel Kollektorfläche, die dazu noch viel teuer wird.

    Gut ist die Idee die Wände zu nehmen, da die Sonne im Winter sehr tief steht und daher der Einfallswinkel eh sehr flach ist. Im Sommer geben die Kollektoren dann eine Abschattung der Südseite und bewirken eine geringere Aufheizung der Wand.

    Die IR-Heizung lässt sich auch mit Wasserschlangen erreichen, allerdings muss dann die Vorlauftemperatur etwas höher sein, als man das bei Wand oder Deckenheizung im allgemeinen tut … aber da gibt es verschiedene Meinungen zu.

    Zum Vergleich:

    PV (Strom) kostet etwa 1700€/kwp komplett installiert + Gerüst und bringt im Jahr ca. 800kwh bei einer Fläche von 6,6 m²also ca. 120kwh/m² im Jahr.
    Auf 20 Jahre gerechnet ~ 11 ct/kw
    Beim Einspeisen des Stroms bekommt man mehr. Zum selbst nutzen sollte man lieber nicht nur heizen sondern eher eine Wärmepumpe betreiben.

    Bei der Solarthermie (Wasser) bekommt man etwa schon für ca. 250€/kwp + Installation. Diese bringen 380-500 kwh/m²im Jahr heraus hier hängt es sehr stark vom verwendeten Speicher und Vorlauftemperatur ab … je niedriger je besser. Der Wirkungsgrad hängt auch stark von der Temperaturdifferenz und der Bauart ab dies ist im Jahresertrag schon eingerechnet … Die Rechnung ist etwa 1m² = 1kwp.
    Auf 20 Jahre gerechnet ~ 3ct/kwh in etwa der halbe Gaspreis

    Oben genannte Werte gelten bei optimaler Südausrichtung. Jede Abweichung im Winkel reduziert die Jahreswerte. Die Sonnenertragskarte gibt Aufschlüsse über die Statistische Jahres-Sonneneinstrahlung. Alle Werte sind exemplarisch aus Angeboten die ich selbst eingeholt habe. Es soll nur die Richtung weisen.

    Viel Spaß bei der Auslegung 

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  4. Normann Brümmer

    Ach … hab ja die Hälfte vergessen.

    Am besten ist die Kombination: PV für elektrische Geräte + Solartermie fürs Heizen. Vorteil Wärmespeicher mit Wasser ist, dass man die Wärme dann entnehmen kann wenn man sie braucht und bis zu einer Woche Wärme speichern kann, wenn der Speicher groß genug ausgelegt wird. Weiteres Thema dazu: Saisonspeicher

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  5. Anton Michael

    Im Sommer kann sich zu viel Speichermasse auch negativ auswirken. Ein Haus mit einem 36iger Ziegelmauerwerk heizt sich nach einer Woche immer weiter auf, sodass die nächtlichen kühleren Temperaturen kaum noch ausreichen das Haus zu kühlen – kommt dann noch ein Satteldach hinzu, was das nächtliche Lüften oftmals erschwert (wer hat schon genügend Dachfenster um die Warme Luft zu oben zu entlassen), wir die Speichermasse eher nachteilig zu bewerten sein. Auch müssen Speichermassen an sonnenarmen Tagen mit teurer Energie auf Niveau gehalten werden im Winter, was mehr Energie verbraucht als nötig wäre. Es gibt immer ein Für und Wieder 🙂

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    1. comment by losmuchachos
      el muchacho

      Du hast recht, es gibt für alles ein Für und Wider, aber beim Rest sind wir unterschiedlicher Meinung 😉

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Was meinst du ???

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